Entscheidung: Verdi auch für Altenpflege tariffähig


27.08.2021 - Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden: Die Gewerkschaft ver.di ist auch für die Pflege außerhalb von Krankenhäusern tariffähig. (Weitergedacht heißt das in der Konsequenz: auch für die Altenpflege.) Mit seiner Entscheidung wies das Gericht die Anträge des Arbeitgeberverbandes Pflege zur Feststellung fehlender Tariffähigkeit von ver.di zurück.

➤ ZUR RECHTSSSACHE:
Der Arbeitgeberverband Pflege e.V. (AGVP) ist ein Zusammenschluss privater Pflegeunternehmen. Daneben bestehen weitere Arbeitgeberverbände der Branche, unter anderem die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). Mit ihr hatte ver.di am 1. Februar 2021 einen Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche abgeschlossen. Zur Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrages (nach § 7a Arbeitnehmer-Entsendegesetz) kam es jedoch nicht, schon weil die Caritas nicht zugestimmt hatte.

Parallel zu diesen Vorgängen hatte wiederum der AGVP beim Landesarbeitsgericht per Antrag eine fehlende Tariffähigkeit von ver.di für Pflegebetriebe geltend gemacht, die Pflegeleistungen außerhalb von Krankenhäusern erbringen. Der AGVP sah bei ver.di eine heterogene Zuständigkeit, weshalb für die Prüfung der Tariffähigkeit auf die einzelnen Branchen abzustellen sei. Und in der Pflegebranche verfüge ver.di nicht über die für eine Tariffähigkeit erforderliche Durchsetzungsfähigkeit, so der AGVP. Die Lage in der Pflegebranche unterscheide sich hier von der Lage in Krankenhäusern.

Im Laufe des Verfahrens hat der AGVP hilfsweise auch die gesamte Tariffähigkeit von ver.di infrage gestellt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies jedoch alle Anträge zurück.

➤ SO BEGRÜNDET DAS GERICHT SEINE ENTSCHEIDUNG:
Voraussetzung für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung sei, dass sie sozial mächtig und von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sei, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen. Abzustellen sei auf die Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von der Arbeitnehmervereinigung beanspruchten Zuständigkeitsbereichs. Es gebe keine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit. Vielmehr sei die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung für den beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich zu beurteilen.

Das Gericht setzte voraus, dass ver.di in erheblichen Teilen des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs eine durchsetzungsfähige Arbeitnehmervereinigung sei. Daher werde sich diese Gewerkschaft auch in jenen Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehle, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwerfen. In der Folge führe eine möglicherweise fehlende Durchsetzungskraft von ver.di im Bereich der Pflegebranche auch nicht dazu, dass ver.di insgesamt tarifunfähig sei. Als Gesamtorganisation sei die Gewerkschaft im Sinne der Anforderungen an die soziale Mächtigkeit offensichtlich organisations- und durchsetzungsfähig sowie in der Lage, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des LArbG Berlin-Brandenburg Nr. 30/2021 v. 26.08.2021



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