LV Niedersachsen/Bremen: Ethiktag schuf Raum für brennende Fragen
07.11.2025 - "Wie sollen wir das schaffen?" Der diesjährige Ethiktag des DVLAB Landesverbandes Niedersachsen/Bremen im September in Hannover hat sich dem Umgang mit Ressourcenknappheit in der Altenpflege gewidmet. Veranstaltet wurde er wie immer in Kooperation mit der Akademie für Ethik in der Medizin (AEM, Göttingen) sowie mit dem Zentrum für Gesundheitsethik (ZfG) an der Ev. Akademie Loccum.
In den diesjährigen Vorträgen, Diskussionen und dem Praxisteil am Nachmittag mit Austausch in Kleingruppen wurde sehr deutlich, welch` große Herausforderungen die Altenhilfe zu bewältigen hat. Denn es geht ja nicht nur um den Fachkräftemangel, die steigenden Anforderungen und begrenzte Ressourcen. Vielmehr spielen neben allen organisatorischen und praktischen Hürden auch ethische Belastungen im Alltag der Pflegekräfte eine große Rolle.
Der Ethiktag hat bestätigte, dass Pflegende im Bereich der Altenhilfe oft mit moralischem Stress konfrontiert sind – z.B. dem Gefühl, nicht im Einklang mit ihren eigenen Werten handeln zu können, weil äußere Umstände das nicht zulassen. Besonders in der Betreuung hochbetagter und sterbender Menschen können moralische Verletzungen entstehen, wenn der Anspruch auf würdevolle Pflege mit den realen Bedingungen kollidiert. So bot die traditionsreiche Veranstaltung den Raum, diese Fragen zu reflektieren.
Mark Stiemerling, stellvertretender Landesvorsitzender des DVLAB Niedersachsen/Bremen sowie Mitorganisator der jährlichen Ethiktage, hat den jüngsten Ethiktag rückblickend als positiv erlebt, gerade was das Problem der knapper werdenden Ressourcen bei mindestens gleichbleibenden Herausforderungen betrifft.
Er berichtet: "Im Fokus stand dabei, dass Überlastung in moralische Dilemmata münden kann, insbesondere wenn Pflegekräfte aufgrund der Rahmenbedingungen hinter ihren eigenen ethischen Ansprüchen zurückbleiben müssen oder damit allein auf weiter Flur stehen. Nicht wenige geraten dann in einen inneren Konflikt, wenn sie z.B. abgleichen, was sie aus ihrer Sicht eigentlich schaffen sollten – und was sie tatsächlich ´nur`geschafft haben."
Stiemerling weist auch darauf hin, dass zu diesem Thema die Ethikkommission für Berufe in der Pflege Niedersachsen eine Empfehlung herausgegeben hat zum Umgang mit „verdeckter Rationierung“ aufgrund von Ressourcenknappheit. Damit verfolgt das Gremium das Ziel, die Belastung nicht an der Basis, d.h. bei den Pflegekräften, abzuladen, sondern das Thema organisationsethisch zu betrachten und gemeinsam nach Lösungen und Entlastung zu suchen. Dafür hatte sich auf dem Ethiktag auch Dr. phil. Katharina Beier in ihrem Vortrag ausgesprochen. Sie ist in der Geschäftsstelle der Ethikkommission sowie in der Ombudsstelle für gute wissenschaftliche Praxis der Georg-August-Universität Göttingen engagiert.
Neben Katharina Beier konnte auf dem Ethiktag auch Prof. Dr. Henrikje Stanze von der Hochschule Bremen als Referentin begrüßt werden. Sie spracht über Moral Distress und moralische Verletzungen in der Pflege hochbetagter und sterbender Menschen. Unter anderem über diese beiden Vorträge hat "care konkret", die Wochenzeitung für die Pflege aus dem Vincentz Verlag, ausführlich berichtet (siehe unten).
Am Nachmittag empfingen die Teilnehmenden zum Umgang mit Ressourcenknappheit nach interaktivem Austausch in Kleingruppen auch besondere Praxisimpulse. Mark Stiemerling: "So wurde an einer ambulant betreuten Pflegewohngruppe in Baden-Württemberg zum Beispiel aufgezeigt, was erreichbar ist, wenn verschiedene Akteure Ressourcen bündeln. Oder auch was unternehmensintern mittels eines übergreifenden Springerpools oder besonderer Reflektions- und Unterstützungsprojekte für und mit Mitarbeitenden möglich ist bzw. wie solche Ansätze gelingen können. Zugleich wurde aber auch nicht ausgespart, welche Hürden sich in der Praxis ergaben." In diesem Sinne basierte der zweite Veranstaltungsteil „Aus der Praxis - für die Praxis“ am Nachmittag auf den beiden einführenden und übergreifenden Vorträgen am Vormittag.
Einziger Wermutstropfen aus Sicht von Stiemerling: "Wir hätten uns noch ein paar mehr Teilnehmer*innen auf unserem Ethiktag gewünscht." All in all lag die Beteiligung in diesem Jahr bei gut 30 Personen. Wenn man sich diese jedoch als Multiplikator*innen vorstellt, ist das doch auch schon ein sehr ordentliches Ergebnis!
Das Foto zeigt die Akteur*innen auf dem Ethiktag 2025: Mark Stiemerling, Dr. med. Ulrike Schmidt, Dr. phil. Katharina Beier, Nicole Schröder und Antje Eekhoff (stehend v.l.n.r.) sowie Prof. Dr. Henrikje Stanze, Alfred Simon und Ruth Denkhaus (sitzend v.l.n.r.). Foto: Susanne El-Nawab, mit freundlicher Genehmigung
Hier die Empfehlungen der Ethikkommission (Kurzfassung)
Hier die Empfehlungen der Ethikkommission (Langfassung)
Hier der Bericht aus care konkret
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