Iges-Institut: "Prävention in der Pflege"
22.10.2025 - Es zeichnet sich ab, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pflege mit ihren Vorschlägen u.a. wohl stärker auf die Prävention von (zunehmender) Pflegebedürftigkeit setzen will. Dafür würden die derzeitigen Leistungskataloge der ambulanten Pflege jedoch keine Spielräume lassen, wird beim IGES-Institut befürchtet. Das forscht u.a. zu diesem Thema und hat unter dem Titel "Prävention in der Pflege" gerade einen interessanten Studienbericht mit Impulsen für eine präventive Neuausrichtung des SGB XI vorgelegt.
Autorin der Publikation ist die Pflegeexpertin Dr. Grit Braeseke, Bereichsleiterin Pflege im IGES-Institut. "Wenn es künftig besser gelingen würde, das Potenzial von Gesundheitsförderung und Prävention auszuschöpfen, würden nicht nur finanzielle und personelle Ressourcen geschont, sondern gleichzeitig für viele Menschen im Alter die Lebensqualität verbessert werden.", schreibt sie und kritisiert: "Die Gesundheitsversorgung einschließlich Langzeitpflege hierzulande fokussiert immer noch zu sehr auf einzelne Krankheitsbilder und medikamentöse Behandlungen, kaum dagegen auf die gravierenden Folgen chronischer Erkrankungen für die Lebensqualität und die Funktionalität im Alltag (Güthlin et al. 2020). Die vielfach diskutierten, unterschiedlichen Systemlogiken von SGB V und SGB XI gehen darüber hinaus mit Versorgungsbrüchen und Fehlanreizen auf Seiten der Kostenträger einher, frühzeitig Maßnahmen zur Prävention von Pflegebedürftigkeit einzuleiten."
Braeseke begrüßt, dass die Erkenntnis endlich auch in der Politik angekommen sei. "Derzeit wird eine breite, grundsätzliche Debatte zum Stellenwert und zu den Potenzialen von Prävention für die Sicherung der Gesundheits- und Pflegeversorgung der Bevölkerung geführt."
Die Expertin sieht beispielsweise "noch erhebliche Potenziale zur Verbesserung der Effektivität der Beratungseinsätze im Hinblick auf die Tertiärprävention" bei bestehender Pflegebedürftigkeit (ab Pflegegrad 1) und auf die Entlastung informell Pflegender.
Im Fazit kommt Braeseke zu dem Schluss: "Eine konsequente Präventionsorientierung in der Gesundheitsversorgung und Pflege ist alternativlos." Die Umkehr des Trends sich verringernder gesunder Le- bensjahre in höherem Alter würde nicht nur die sozialen Sicherungssysteme und den Arbeitsmarkt entlasten, sondern auch zur Steigerung der Lebensqualität und des Wohlbefindens in den letzten Lebensjahren führen. "Erreicht werden kann eine solche Trendwende nur auf lange Sicht – insbesondere durch Lebensstiländerungen bereits in jungen und mittleren Jahren. Dafür braucht es Versorgungsstrukturen, die die Bevölkerung für Gesundheitsförderung und Prävention sensibilisieren, über langfristige Folgen gesundheitsschädigenden Verhaltens besser aufklären und die insbesondere vulnerablen Zielgruppen bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen begleiten, um nachhaltige Wirkungen zu erzielen."
Darüber hinaus erfordere das Erschließen der Präventionspotenziale bei Menschen mit absehbarem oder bereits eingetretenem Pflegebedarf ebenfalls eine möglichst frühzeitige Intervention. "Personen, die bei der Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit keinen Pflegegrad oder Pflegegrad 1 erhalten, sollten künftig regelhaft auf entsprechende Präventionsmöglichkeiten und -angebote verwiesen und bei der Inanspruchnahme unterstützt werden." Nach Baeseke sollte geprüft werden, inwieweit dafür der Entlastungsbetrag gem. § 45b SGB XI genutzt werden könne.
Kurz: "Um mittels der Leistungen der SPV dem Anspruch auf Wiedergewinnung oder Erhalt der ´körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen` (§ 2 Abs. 1 SGB XI) entsprechen zu können, sind die Hilfen künftig viel stärker präventiv auszurichten." Das inkludiert beispielsweise
• die verpflichtenden Beratungsbesuche für Pflegebedürftige mit Pflegegeld (nach § 37 Abs. 3 SGB XI) sowie auch die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI;
• den Ausbau von flexibel ausgerichteter Präventionsangebote für die Zielgruppe der Älteren und der pflegebedürftigen Personen (inklusive individuelle Angebote in der Häuslichkeit sowie deutlich mehr Angebote der (mobilen) geriatrischen Rehabilitation.
"Und nicht zuletzt sind die pflegerischen Hilfen personbezogen und tagesaktuell am Bedarf auszurichten. Das setzt mehr Gestaltungsspielraum für Pflegefachpersonen, mehr Raum für Edukation und Anleitung sowie eine Abkehr von verrichtungsbezogenen Leistungskomplexen voraus", so Grit Braeseke.
Die Autorin beweist in der 30 Seiten starken Publikation "Prävention in der Pflege" kenntnisreich, evidenzbasiert und engagiert die Richtigkeit ihrer Schlussfolgerung: "Eine konsequente Präventionsorientierung in der Gesundheitsversorgung und Pflege ist alternativlos."
Hier die Publikation
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