Lauterbach mit Rolle rückwärts: Pflegereform soll doch kommen


04.07.2024 - Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Foto) hat eine Rolle rückwärts gemacht: Ende Mai hatte er noch gesagt, dass er in dieser Legislaturperiode keine Chance mehr für eine Pflegereform sieht. Jetzt kündigte er eine weitere Pflegereform noch vor der nächsten Bundestagswahl an. Gleich nach der Sommerpause will er dafür ein Konzept vorlegen.

Wie kam es zu diesem Sinneswandel, den der Gesundheitsminister noch dazu mitten in den noch laufenden Haushaltsverhandlungen der Ampel-Koalitionäre vollzog? Ganz sicher dürften dabei drei Aspekte eine Rolle gespielt haben:

Erstens war auf Lauterbachs Aussage Ende Mai, die Ampel könne sich wohl nicht mehr während ihrer Regierungszeit auf eine Pflegereform ein einigen, unisono ein nationaler Aufschrei aus der Pflegebranche erfolgt. Die Empörung der gebeutelten Branche - und auch des DVLAB - war lautstark zu vernehmen. Alle machten Druck und forderten von der Bundesregierung statt Zögern zügiges Handeln. "Tempo bitte!"

Zweitens widersprach der Bundeskanzler seinem Gesundheitsminister, was Seltenheitswert hat: Scholz verwies am 30. Mai 2024 in einer Diskussion mit Leser*innen der Thüringer Allgemeinen auf die damals noch ausstehenden Vorschläge einer entsprechenden Arbeitsgruppe für eine große Pflegereform. Daraus seien dann rasch Konsequenzen zu ziehen, sagte er. "Wir müssen etwas tun, was dazu beiträgt, dass wir eine gut finanzierte Pflege haben." Und der Gesundheitsminister werde der Letzte sein, der einer guten Lösung entgegenstehe. Im Gegenteil, dieser werde sich auch aktiv darum kümmern, "das Thema nicht zu vertagen, sondern sich gleich auf die Suche nach Lösungswegen machen, die dazu notwendig sind."

Drittens liegt besagter Bericht der Arbeitsgruppe nun vor. Darin wird richtig festgestellt: Der zunehmende Fachkräfteengpass steht einem steigenden Versorgungs- und Pflegebedarf gegenüber. Der Bericht "Zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung – Darstellung von Szenarien und Stellschrauben möglicher Reformen" beschäftigte aktuell bereits das Bundeskabinett. Zuvor war schon durchgedrungen, dass die Arbeitsgruppe aus Expert*innen, mehreren Bundesministerien und Vertreter*innen der Bundesländer darin vier Reformmodelle skizziert hat: Zwei davon basieren wie bisher auf einer Teilfinanzierung durch die Pflegebedürftigen, zwei auf einer Vollfinanzierung.

Zusammengenommen waren das für Karl Lauterbach wohl drei gute Gründe für seine Rolle rückwärts. Denn klar ist, dass die Pflegeversicherung früher als gedacht rote Zahlen schreiben wird: Bereits für 2024 wird mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro gerechnet, für das kommende Jahr gar mit einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro. Damit ist auch klar: Ohne Reform würde die Pflegeversicherung für die Beitragszahler*innen deutlich teurer werden.

Deshalb will der Gesundheitsminister jetzt doch zeitnah reagieren. "Die Probleme sind groß, aber sie sind lösbar und werden auch in Kürze angegangen", sagte er. Ein Gesamtpaket soll dann mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, eine bessere Prävention zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit sowie das Schließen der Finanzlücke fokussieren. Diese Punkte bilden offenbar die kommenden Eckpfeiler einer Reform.

Bleibt abzuwarten, ob dabei auch wirklich eine umfassende Reform der Pflege- und Krankenversicherung herauskommt – mit einem konsistentes fach- und sachgerechtes Gesamtkonzeptes, das auch in Zukunft trägt, wie der DVLAB Bundesvorsitzende Peter Dürrmann es fordert. Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob die Ampel tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode etwas Sinnvolles für die Pflege und die Pflegebedürftigen auf den Weg bringen kann. Zweifel daran dürften angebracht sein. Deshalb ist es nun an der Bundesregierung, die Zweifel durch gutes und schnelles Handeln auszuräumen.

Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Hier der Regierungsbericht.

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