Bundeskanzler: Will Pflegereform vorangetrieben wissen
03.06.2024 - In der Frage, ob eine große Pflegereform bald kommt oder nicht, hat Bundeskanzler Olaf Scholz seinem Gesundheitsminister widersprochen – nicht direkt, aber indirekt. So geschehen am 30. Mai 2024 in einer Diskussion mit Leser*innen der Thüringer Allgemeinen in den Redaktionsräumen in Erfurt.
Wenige Tage zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ein Interview zur Lage der Pflege und Pflegeversicherung gegeben. Darin antwortete er auf die Frage, ob noch in dieser Legislaturperiode eine Pflegereform komme: "Eine umfassende Finanzreform in der Pflege wird in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht mehr zu leisten sein." Dafür würden die Ansichten der beteiligten Ministerien und Koalitionspartner zu weit auseinanderliegen. Dies - und vor allem die Begründung – hatte die nahezu gesamte Pflegebranche empört.
Bei der Diskussion mit dem Bundeskanzler stellte eine Leserin nun fest, dass der Gesundheitsminister mit seiner aktuellen Aussage von seinem vor einem Jahr gegebenen Versprechen einer großen Pflegereform abgerückt sei und was der Bundeskanzler denn dazu sage. Dieser strich zunächst die Bedeutung der Pflege heraus und hielt drei Punkte für notwendig: eine "ordentliche Bezahlung", mehr Konzentration auf die eigentliche pflegerische Arbeit durch Abbau der Bürokratie sowie die Gewährleistung der Finanzierung der Pflege.
Zum letzten Punkt verwies auch Scholz wie Lauterbach auf die noch ausstehenden Ergebnisse und Vorschläge einer entsprechenden Arbeitsgruppe für eine große Pflegereform. Daraus seien dann Konsequenzen zu ziehen. "Aber die Debatte darüber wird uns umtreiben, weil wir alles gleichzeitig wollen – eine super Finanzierung der Pflege, eine gute Ausstattung, gute Löhne und nicht zu hohe Beiträge", meinte der Bundeskanzler. "Das wird uns herausfordern, aber wir müssen uns dieser Aufgabe stellen."
Er versprach: "Und wir werden, sobald wir zu einer guten und mehrheitsfähigen Entscheidung kommen können, die auch umsetzen." In diesem "sobald" könnte der Hase im Pfeffer liegen, denn Lauterbach bezweifelt ja, dass es aufgrund der zu unterschiedlichen Ansichten in der Ampel bald zu einer guten und mehrheitsfähigen Entscheidung kommen kann.
Auch Scholz vermutet, dass es eine große Debatte geben werden. "Aber die ist notwendig. Wir sollten uns nicht vor der Debatte drücken. Denn das wird nicht durch einen Knopfdruck entschieden, sondern dadurch, dass wir uns als Bürger*innen entscheiden, wie wir das haben wollen."
Und: "Wir müssen irgendetwas tun, was dazu beiträgt, dass wir eine gut finanzierte Pflege haben, die für uns und unsere Angehörigen gut ist." Wenn es dann zu einer schnellen Lösung käme, werde "Herr Lauterbach der Letzte sein, der ihr entgegensteht." Im Gegenteil, der werde sich auch aktiv darum kümmern, "das Thema nicht zu vertagen, sondern sich gleich auf die Suche nach Lösungswegen machen, die dazu notwendig sind." Anwesenden Zuhörer*innen zeigten sich weiterhin skeptisch, aber Scholz blieb dabei: "Ich denke, dass eine von mir geführte Regierung das super hinkriegen wird!"
Foto: Screenshot aus der Aufzeichnung des Livestreams vom Lesergespräch
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