PKV-Expertenrat "Pflegefinanzen": Zusatzversicherung ´Pflege-Plus` als Lösung?


17.04.2023 - Im Koalitionsvertrag hat die Ampel eine finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige in Aussicht gestellt. Dafür hat der Expert*innen-Rat „Pflegefinanzen“ in der Bundespressekonferenz nun in seinem aktuellen Abschlussbericht Vorschläge vorgestellt. Das Herzstück: eine

Der Expert*innen-Rat "Pflegefinanzen" (Foto) wurde vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) ins Leben gerufen. Er gibt laut dem Vorsitzenden Prof. Dr. Jürgen Wasem (Universität Duisburg-Essen) Antwort darauf, wo „der Schuh am meisten drückt“: die hohen Eigenanteile pflegebedürftiger Heimbewohner*innen bei den Pflegekosten. Laut Koalitionsvertrag will die Ampel-Koalition hier ansetzen: Sie vereinbarte zu prüfen, wie die soziale Pflegeversicherung um eine „paritätisch finanzierte Vollversicherung“ ergänzt werden kann, die „die Übernahme der vollständigen Pflegekosten umfassend absichert“.

Der Vorschlag des Expert*innen-Rates: Die Eigenanteile an den Pflegekosten sollten im Kapitaldeckungsverfahren und nicht im Umlageverfahren finanziert werden. Dazu wurden folgende Eckpunkte genannt:

▶︎ Einführung einer obligatorischen, kapitalgedeckt finanzierten Zusatzversicherung ("Pflege-Plus"), verknüpft mit einem Annahmezwang für die Versicherungsunternehmen (ohne individuelle Gesundheitsprüfung und ohne Vertriebsprovision). Die Kalkulation enthält eine automatische Dynamisierung zur Inflationssicherung, Kinder sind beitragsfrei versichert, Rentner*innen zahlen nur den halbierten Beitrag.

▶︎ Versichert sind die beim Pflegebedürftigen verbleibenden pflegebedingten Eigenanteile im Pflegeheim – bis auf einen Selbstbehalt von 10 Prozent.

▶︎ Der Beitrag liegt rechnerisch bei rund 39 Euro pro Monat für das Einstiegsalter von 20 Jahren und rund 48 Euro für 40-Jährige (bei Arbeitnehmer*innen jeweils zur Hälfte paritätisch vom Arbeitgeber bezahlt).

Dazu Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands: „Es muss jetzt schnell gehandelt werden. Die angekündigte Pflegereform des Bundesgesundheitsministers liefert keine Lösung für eine dauerhafte Finanzierung der Pflege und wird das Problem langfristig sogar verschärfen.“ Der Vorschlag des Expert*innen-Rats hingegen nehme Rücksicht auf die politischen Vorgaben des Koalitionsvertrages und könne noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden.

Der DVLAB hat in jüngster Zeit insbesondere das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) des Bundesgesundheitsministers kritisiert. Nach Eindruck des DVLAB Bundesvorsitzenden Peter Dürrmann haben der Minister und Teile der Bundesregierung damit deutlich gemacht, dass ihnen die Situation der Altenhilfe entweder nicht bewusst ist oder von nachrangiger Bedeutung erscheint. Und dabei geht es nicht nur um die hohen Eigenanteile, die pflegebedürftige Heimbewohner*innen aus eigener Tasche aufbringen müssen. Sondern es geht auch um den chronischen Personalmangel, der demografie-bedingt noch stärker wird. Auf die Gefährdung der Versorgungssicherheit sowie die Notwendigkeit einer umfassenden Strukturreform der Altenhilfe will der DVLAB die Politik nun mit einer Aufmerksamkeit erregenden Aktion hinweisen.

Auch interessant, wie Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des VDAB, den Vorschlag des Expert*innen-Rates kommentierte: „Die Ansätze des vorgestellten Abschlussberichtes sind durchaus interessant. Allerdings wurde dabei nur die reine Finanzierungsreform in den Blick genommen. Da die professionelle Pflege aber auch insbesondere im Hinblick auf fehlende personelle Ressourcen unter Druck steht, würde eine reine Finanzierungsreform zu kurz greifen. Sie müsste vielmehr Teil einer großen Strukturreform werden, die dann auch Leistungen und Personaleinsatz in Zukunft an die begrenzten Ressourcen anpasst. Die flächendeckende Versorgungssicherheit über leistungsfähige Pflegeunternehmen muss oberstes Ziel sein. Wir werden unabhängig davon weiter engagiert den ‚New Deal‘ für die professionelle Pflege einfordern und aktiv daran arbeiten.“

Und das sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Abschlussbericht des Expert*innen-Rates: „Es wirkt schon fast weltfremd, wenn der Verband der Privaten Krankenversicherung einen Expertenrat einberuft, der sich mit einer zukunftsfesten Finanzierung der Pflege beschäftigen soll, und sich dabei ausschließlich auf die Finanzierung von Heimplätzen konzentriert. Die 84 Prozent der Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden, werden dabei komplett ignoriert. Der Vorschlag der Experten ist: Durch die Schaffung einer zusätzlichen privaten Pflichtversicherung soll nur der pflegebedingte Eigenanteil an einem Heimplatz sinken. Dieser Fokus des PKV-Expertenrats auf Pflegeheime ist fatal und falsch.
Die Pflegeheimbetreiber können angesichts dieser Empfehlung die Sektkorken knallen lassen. Es wäre damit günstiger, in ein Heim zu gehen, als sich zu Hause pflegen zu lassen. Zu Hause müssen die Pflegebedürftigen nämlich weiterhin privat zur Pflege dazuzahlen, weil die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten übernimmt. Im Heim wäre diese Zuzahlung zur Pflege in Zukunft begrenzt."

Das Foto zeigt die Mitglieder des Expert*innen-Rates (v.l.n.r.): Prof. Dr. Thiess Büttner, Prof. Dr. Christian Rolfs, Prof. Dr. Jürgen Wasem, Prof. Dr. Christine Arentz, (PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther), Constantin Papaspyratos

Hier der Abschlussbericht des Expert*innen-Rates in Kurzform

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