Kritik an Infektionsschutz: Keine Eigenverantwortung für die Altenpflege?


02.02.2023 - In den vergangenen drei Jahren hat auch die Maske während der Corona-Pandemie Schutz vor Infektion geboten. Ab heute – wir schreiben den 2. Februar 2023 – ist die Maskenpflicht bundesweit (fast) Geschichte. Nur in in Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen nicht.

Das Maßnahmenpaket
Der Strauß aller Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz vulnerabler Gruppen war üppig. Er reichte von Lockdowns und Schließungen von Einrichtungen und Geschäften über Testpflichten, freiwillige Impfungen fürs Volk und Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen bis hin zur umfassenden Maskenpflicht sowie der Isolationspflicht bei Infektion. Geregelt wurde das alles im immer wieder veränderten Infektionsschutzgesetz. Wie effektiv welche Maßnahmen tatsächlich gewirkt haben, lässt sich noch schwer sagen. Dieser Frage werden sich Forschende in den nächsten Jahren intensiv zuwenden.

Lockerungen
Fest steht: Seit einigen Monaten und verstärkt nun seit Februar gibt es überall Lockerungen. Im Herbst 2022 fiel schon die Maskenpflicht in Flugzeugen, seit heute ist sie in Fernzügen obsolet und in den meisten Bundesländern auch in Bussen und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem verzichten immer mehr Bundesländer bereits auf die Isolationspflicht nach einer Corona-Infektion. Und auch die Coronaschutzbestimmungen am Arbeitsplatz (Testangebote, Home-Office-Angebote) entfallen.

Ab sofort wird auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung und Arbeitnehmer*innen gesetzt. Heißt: Man kann sich weiter schützen und etwa eine Maske tragen – muss es aber nicht.

Situation in der Altenpflege
Ganz anders in stationären, teilstationären und ambulanten Angeboten für alte und pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderung:

• Nach heutigem Stand gilt in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen die Maskenpflicht weiterhin bis zum 7. April 2023. Auch die Testpflicht bleibt bestehen.

• Ebenfalls bis zum 7. April 2023 gilt für Beschäftigte wie für Besucher*innen von Pflegeeinrichtungen eine Corona-Testpflicht. Problem: Vom Bund bezahlt werden die Nachweise aber nur noch bis zum 28. Februar 2023. Danach läuft die entsprechende Verordnung nach heutigem Stand aus.
Dazu das Portal carevor9.de: "Da braut sich neuer Ärger zusammen. Seniorenvertreter*innen befürchten, dass dies zu weniger Besuch für die Pflegebedürftigen führe, die den Kontakt zu Verwandten und Bekannten eigentlich dringend brauchen. Auch die Einrichtungen müssen dann für die vorgeschriebenen Tests ihrer Mitarbeiter selbst aufkommen."
Angeblich laufen im Bundesgesundheitsministerium dazu Beratungen, heißt es.

• Corona-positiv getestete Personen dürfen Einrichtungen für vulnerable Menschen für fünf volle Tage nach dem positiven Test nicht betreten. Der Tag der Testung wird dabei nicht mitgerechnet.

Kritik und Forderungen
Dass Einrichtungen und Diensten der Altenpflege keine Eigenverantwortung zugetraut wird, hat der DVLAB Bundesvorsitzende Peter Dürrmann schon auf dem 27. Bundeskongress in Berlin kritisiert. "Wir haben in Sachen Infektionsschutz wahrlich genug Erfahrung und können selbst über Maßnahmen entscheiden", sagte er. Jetzt hat Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, ins gleiche Horn gestoßen und nachgelegt: In allen Einrichtungen seien Hygienefachleute tätig, so Schneider, sie könnten mit Heimleitung und Pflegedienstleitung selbst entscheiden, wann und wo welche Corona-Maßnahmen notwendig sind. „Das sind bewährte Prozesse, die in der Verantwortung professioneller Pflegekräfte liegen."

Zur weiteren Maskenpflicht unterstreicht die Heimstiftung, dass viele Bewohner*innen ihre Angehörigen seit Monaten nicht mehr ohne Maske gesehen hätten und auch ihre Pflege- und Betreuungskräfte nur mit Maske kennen würden. „Doch zur Pflege gehören unbedingt lächelnde Gesichter und menschliche Nähe“, so Schneider weiter. „Das geht mit Maske nicht.“ Zudem seien in Pflegeheimen die Impfquoten hoch und Hygiene- und Schutzkonzepte klar und erprobt. Diese würden dann sofort in Kraft gesetzt, wenn irgendwo eine hochansteckende Infektionskrankheit, sei es Influenza, Covid oder Norovirus, ausbrechen würde.

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) fordert ein unverzügliches Ende der Masken- und Testpflicht für Bewohner*innen von Pflegeheimen wie auch für ihre Besucher*innen. Nach dem Auslaufen der Schutzmaßnahmen in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens sind nach Ansicht des Dachverbands diese Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht von Bewohner*innen von Pflegeheimen unverhältnismäßig. Angesichts der hohen Immunität auch älterer Menschen durch Impfungen und durchlebte Corona-Infektionen sowie der geringeren Krankheitslast unter den Bewohner*innen könnten diese Vorschriften nicht mehr mit dem Schutz besonders vulnerabler Gruppen begründet werden.

In einem Brief an die Gesundheitsminister*innen und -minister der Länder schreibt die BAGSO, ein Ende der Corona-Schutzmaßnahmen in Pflegeheimen sei „nicht nur vertretbar, sondern auch geboten“. Zudem verweist die Organisation darauf, dass Menschen in Pflegeheimen in den vergangenen drei Jahren einen drastischen Rückgang sozialer Kontakte hinnehmen mussten. Die Häufigkeit von Besuchen hat sich aufgrund der aufgebauten Hürden deutlich verringert, und es gab auch erhebliche Einschränkungen beim Freizeitangebot sowie bei Angeboten zur Gesundheitsförderung und Prävention. Zudem entstehen aktuell neue Hürden auch dadurch, dass kaum noch Testmöglichkeiten angeboten werden.









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