Baden-Württemberg: Will Pflegekammer errichten


11.01.2023 - Nun soll auch in Baden-Württemberg eine Pflegekammer errichtet werden. Nachdem dieses Vorhaben aufgrund der Corona-Pandemie auf Eis lag, wird der Vorbereitungs- und Gründungsprozess nun wieder aufgenommen.

Der Entwurf eines Pflegekammergesetzes liegt vor, die Anhörung der Verbände dazu bekam zu Weihnachten 2022 grünes Licht vom Ministerrat. Der die Pflegekammer vorbereitende Gründungsausschuss wird seine Arbeit voraussichtlich im Mai 2023 aufnehmen. Die Errichtung der Kammer ist für Dezember 2024 geplant. Dann sollen alle Pflegefachkräfte Pflichtmitglied werden, die in Baden-Württemberg in ihrem Beruf tätig sind. Aktuell sind das rund 110.000 Personen.

Zur Historie
Im Jahr 2016 hatte die Enquetekommission Pflege des Landestages Baden-Württemberg der Landesregierung empfohlen, eine Pflegekammer zu errichten – vorausgesetzt, es gibt im „Ländle“ eine entsprechende Zustimmung unter den Pflegekräften.

2018 wurden dazu 2.699 Pflegekräfte und Auszubildende in 228 Einrichtungen befragt. 68 Prozent sollen sich für die Errichtung einer Pflegekammer ausgesprochen haben.

Im Winter 2019/2020 lief eine entsprechende Gesetzesinitiative an. Sie wurde wegen Corona im Herbst 2020 ruhend gestellt und jetzt wieder aufgenommen. Dass eine Pflegekammer kommen soll, hat die aktuell grün-schwarze Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag fixiert.

Beteiligungsportal
Nun fordert die Landesregierung ihre Bürger*innen auf: „Kommentieren Sie den Gesetzentwurf zur Errichtung einer Landespflegekammer“ – und zwar auf einem Beteiligungsportal. Dafür müssen sich die Meinungsgeber zuvor dort registrieren.

Bis zum 11. Januar 2023 finden sich auf dem Beteiligungsportal 134 Kommentare. Sie stammen, soweit sich das identifizieren lässt, überwiegend von Pflegenden. Deren Meinungen bewegen sich zwischen einem eindeutigen Nein mit drei Ausrufezeichen bis zum eindeutigen Ja mit ebenfalls drei Ausrufezeichen. Dazwischen finden sich nur wenige Jeins. Dieses Meinungsbild ist ein typischer Verlauf der bekannten Diskussion über Pflegekammern in Deutschland.

Jeder, der sich für dieses Thema interessiert, sollte einmal durch dieses Beteiligungsportal surfen. Insbesondere wird dort deutlich, was sich die Befürworter*innen einer Kammer eigentlich wünschen – nämlich vor allem bessere Rahmenbedingungen in der Pflege, mehr (gesellschaftliche) Wertschätzung, gute Bezahlung, Mitbestimmung bei Entscheidungen etc. Die Errichtung einer Kammer wird offenbar als Weg angesehen, diese Ziele zu erreichen.

Das sagt der DVLAB
Welche Hoffnungen Pflegekräfte an eine Landespflegekammer knüpfen – bzw. welche Möglichkeiten ihnen beim Werben für eine solche Institution teils versprochen werden –, das ist dem DVLAB seit langem bekannt. Viele Pflegekräften scheinen jedoch nicht zu wissen, dass Pflegekammern gar nichts zur Steuerung und Entwicklung der Pflege beitragen können. Sie bleiben daher wirkungslose, künstliche, aber teure Behörden ohne Einfluss auf die Pflegequalität und die drängenden Probleme in der Altenpflege. Beispiel Personalgewinnung: Pflegekammern können weder über Arbeitsbedingungen und Tarifverträge noch über die Höhe der Pflegesätze oder den Personalschlüssel verhandeln.

Der DVLAB spricht sich daher gegen Pflegekammern und hat sich auch aktiv und erfolgreich dafür engagiert, dass diese z.B. in Niedersachsen aufgelöst wird.

Nach dem erzwungenen Scheitern der Kammern in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein – beide sind mittlerweile längst abgewickelt – blieb als Landespflegekammer in Deutschland zunächst nur noch jene in Rheinland-Pfalz übrig. Diese ist aktuell jedoch mächtig in die Kritik geraten. Es wurde sogar gerichtlich festgestellt, dass die Kammer über Jahre merkwürdig und irregulär agiert hat. Sie konnte sich einem unangenehmen Urteil nur entziehen, indem sie ihre Beitragsbescheide der Jahre 2016 bis 2019 zunahm.

Zur Kammer in Rheinland-Pfalz gesellte sich nun jüngst eine in Nordrhein-Westfalen. Dort hat sich Ende 2022 eine erste Kammerversammlung konstituiert. Eine Landespflegekammer in Baden-Württemberg wäre also die bundesweit dritte im Bunde.

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