Bundesgesundheitsminister: Rolle rückwärts bei Quarantäneverordnung


06.04.2022 - Am Montag, den 4. April 2022, hat Karl Lauterbach mit den Gesundheitsminister*innen der Länder vereinbart: Ab 1. Mai wird die Quarantänepflicht für Corona-Infizierte abgeschafft. Einen Tag später macht der Bundesgesundheitsminister in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" im Alleingang eine Rolle rückwärts: Angeordnete Quarantäne für Infizierte bleibt!

Montag, 4. April
Lauterbach konferiert mit den Gesundheitsministern und -ministerinnen der Länder über Änderungen der Isolations- und Quarantäneverordnung bei einer Corona-Infektion. Man ist sich einig, mehr auf Freiwilligkeit zu setzen. Beschlossen wird: Zum 1. Mai soll die Quarantänepflicht fallen und einem freiwilligen Gang in die Isolation weichen. Offenbar wurde das auch vom Robert-Koch-Institut so empfohlen, die freiwillige Quarantäne aber dringend angeraten. Diese Eigenverantwortung soll die Gesundheitsämter entlasten (die entsprechende Anweisungen zur Quarantäne aber ohnehin spät oder gar nicht mehr verschicken, weil die Corona-Welle so explodiert ist, dass die Ämter gar nicht mehr nachkommen).

Sobald die Nachricht rum ist, folgt massiver Gegenwind auf dem Fuße, nicht nur von Pflegeverbänden und anderen, die Risikogruppen vertreten.

Dienstag, 5. April, tagsüber
Lauterbach ändert, so sagt er später, noch am Nachmittag seine eigene Position. Nach Gesprächen mit dem Expertenrat und Wissenschaftlern – obwohl er sich ja eigentlich als Oberexperte in Sachen Corona bundesweit einen Namen gemacht hatte. Nach eigenen Angaben hat er seine Kehrtwende den politisch relevanten Gremien, "zum Beispiel auch dem Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich oder auch Kabinettsmitgliedern“ dann auch mitgeteilt. Sonst weiß das aber wohl niemand. Jedenfalls noch nicht.

Dienstag, 5. April, in der Nacht
Spät abends so gegen Mitternacht platzt die Nachricht dann in die Talkshow "Markus Lanz", wo Lauterbach zu Gast ist. Hier verkündet der Gesundheitsminister: Die Quarantänepflicht für Infizierte bleibt doch. Nur Kontaktpersonen müssen sich nicht mehr verpflichtend isolieren, das geschehe ab 1. Mai auf freiwilliger Basis, werde aber dringend angeraten.

Diejenigen, die an diesem späten Abend die Sendung verfolgen, reiben sich die Augen. What?! Einfach so mal eben in der Talkshow die Rolle rückwärts hinlegen und die geänderte Isolations- und Quarantäneverordnung bei einer Corona-Infektion wieder "einzukassieren", wie Lauterbach es selbst bezeichnet?! Der Minister sagt bei Lanz, das Signal, die Quarantänepflicht aufzuheben, sei "verheerend" gewesen. Es sei der Eindruck entstanden, die Lockerung habe nicht der Entlastung der Ämter gedient, sondern das Ende der Pandemie dargestellt. Das habe er falsch eingeschätzt – und Fehler müssten korrigiert werden.

Mittwoch, 6. April, kurz nach 2.30 Uhr
Lauterbach setzt ein Tweet bei Twitter zur Erklärung seiner Kehrtwende ab.

Mittwoch, 6. April, tagsüber
Gleich morgens trifft sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages. Es lässt sich leicht fantasieren, was in dieser Sitzung los war. Ähnlich muss es in Lauterbachs Bundestagsfraktion (SPD) zugegangen sein.

Die gesamte bundesrepublikanische Öffentlichkeit lässt kein gutes Haar an Lauterbach. Einhellige Meinung: Ja, die Aufhebung der Isolationspflicht wäre ein schwerer Fehler gewesen. Und Ja, auch Minister können mal Fehleinschätzungen machen. Gut, wenn diese dann korrigiert werden.

Aber bitte nicht so – das ist kein Politikstil, der ankommt! Nicht um Mitternacht bei Markus Lanz und nicht ohne Einbindung derjenigen, die an der ursprünglichen Entscheidung beteiligt waren. Für die Gesundheitsminister*innen der Länder, die am Montag mit Lauterbach getagt und die geänderte Verordnung beschlossen haben, ist das eine Klatsche. Und für demokratische Abstimmungsprozesse auch. Selbst wenn die Sache an sich unstrittig ist.

Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons



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