LV Berlin/Brandenburg: Stellenschlüssel an Pflegeschulen dringend nachbessern!


04.03.2022 - Immer wieder richtet der DVLAB seinen Blick auf die Frage: Wie läuft es in den neuen Pflegeausbildungen? Aus Berlin kommt dazu nun der dringende Ruf nach besseren Schlüsseln im Verhältnis Lehrkräfte zu Auszubildenden: Die Lehrenden am Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe (BBG) haben Alarm geschlagen. Dazu äußert sich hier Walter Janik, der Landesvorsitzende des DVLAB Berlin/Brandenburg.

Herr Janik, welches Problem gibt es in Berlin?

JANIK: Das Problem ist nicht wirklich neu und besteht wohl auch nicht nur in Berlin. Es zeigt sich jetzt in den neuen Pflegeausbildungen aber immer deutlicher. Konkret geht es bei uns um die Berliner Pflegeausbildungs- und Prüfungsverordnung. Darin hat das Land 2020 den Lehrkräfte-Schüler*innen-Schlüssel von 1:15 auf 1:20 heraufgesetzt.

Das heißt: Seitdem ist an den Pflegeschulen in den neuen Ausbildungen eine Lehrkraft für 20 statt für 15 Auszubildende wie bisher zuständig.

JANIK: So ist es. Die Lehrenden des BBG warnen also zu Recht vor einer Verschlechterung der pflegerischen Versorgungsqualität durch schlechte Ausbildungsbedingungen. Das sehen wir auch so. Deshalb unterstützen wir die Forderung, mindestens zu einem 1:15-Schlüssel zurückzukehren, wie er noch für die auslaufende Altenpflegeausbildung gültig ist. Aus unserer Sicht wäre sogar ein 1:12-Schlüssel in den neuen Ausbildungsgängen wünschenswert.

Es heißt, der schlechtere Schlüssel 1:20 erhöhe zudem das Risiko, dass mehr Schüler*innen die begonnene Pflegeausbildung abbrechen. Wieso sollte es dazu kommen?

JANIK: Ganz einfach – wenn eine Lehrkraft nicht mehr 15, sondern nun 20 Schüler*innen begleitet, aber kompetenzfördernden und am individuellen Lernbedarf ausgerichteten Unterricht machen soll und über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus noch zusätzliche Aufgaben übernehmen muss, dann können Sie sich die Überforderung der Lehrenden an fünf Fingern ausrechnen. Überforderte Lehrkräfte führen aber zu überforderten Auszubildenden. Die Folge können vermehrte Ausbildungsabbrüche sein.

Sie sagen, dass die generalistischen Pflegeausbildungen den Lehrkräften einen höheren Aufwand in der Begleitung der Auszubildenden abverlangen?

JANIK: Ja, und zwar rundum. Das hängt nicht nur mit dem komprimierten Lehrstoff zusammen, sondern u.a. auch mit den verschiedenen praktischen Einsatzorten, die die Generalistik mit sich bringt. Während in der früheren Altenpflegeausbildung die Anleiter*innen am einzigen praktischen Ausbildungsort ein starkes Bindeglied für die Schüler*innen waren, muss diese Aufgabe wegen der unterschiedlichen Einsatzorte heute vielfach die Lehrkraft auch noch übernehmen. Und zwar zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben.

Zudem beobachten wir, dass die Zusammensetzung der Ausbildungsklassen immer heterogener wird – sowohl im Hinblick auf den sprachlichen Hintergrund als auch im Hinblick auf die Schulabschlüsse und persönlichen Erfahrungen. Unter den Pflegeschüler*innen sind auch vermehrt Menschen mit teils traumatischen Fluchterfahrungen.

Die Herausforderungen für Lehrkräfte an Pflegeschulen sind also gestiegen. Sie müssen auch mehr sprachliche Unterstützung geben, mehr persönliche Begleitung bei den Auszubildenden leisten und möglicherweise auch mehr Spannungen in den Klassen abbauen – und sollen dann noch die Rolle des Bindeglieds übernehmen.

JANIK: Exakt so sieht die Situation an den Pflegeschulen aus. Und das bei schlechterem Stellenschlüssel. Ich schließe mich ausdrücklich der Einschätzung des BBG an: Mit einem Schlüssel von 20:1 ist es vollkommen illusorisch, all diese anspruchsvollen Aufgaben zu leisten. Eine Schlüsselzahl von 15:1 ist das Minimum für eine gute Pflegeausbildung.


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