Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Theoretisch ja, praktisch nein?


03.02.2022 - Die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitssektor soll zum 15. März 2022 kommen. Sie kann aber offenbar ab dem 16. März zunächst nicht konsequent umgesetzt werden. Letztlich sind dafür nämlich die Gesundheitsämter zuständig. Diese aber fragen: Wie soll das gehen – rein fachlich und noch dazu bei unserer derzeitigen Arbeitslast?

Die Vorschrift
Alle Beschäftigten einer Einrichtung oder eines Dienstes im Gesundheitswesen müssen bis zum 15. März 2022 gegenüber ihrem Arbeitgeber nachweisen, dass sie gegen Covid-19 vollständig geimpft oder von einer Infektion genesen sind bzw. aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Arbeitgeber*innen haben das zuständige Gesundheitsamt zu informieren, wenn ein geforderter Nachweis nicht fristgerecht vorgelegt wird – oder wenn er Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise hat. Anschließend soll das Gesundheitsamt entscheiden, wie mit der oder dem Betreffenden weiter verfahren wird.

Am 1. Februar vermeldete dann das Portal businessinsider.de, dass ihm ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf Anfrage dazu erläutert habe: „Bis das Gesundheitsamt die Entscheidung über ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot getroffen hat, dürfen die betroffenen Mitarbeitenden grundsätzlich weiterbeschäftigt werden. Kontrolliert und entschieden wird im Einzelfall.“ In den darauffolgenden Tagen wurde zusehends klarer, dass diese Entscheidung auch die personelle Situation in den Einrichtungen mit berücksichtigen soll.

Unmut auf allen Seiten
Seitdem wogt der Unmut auf allen Seiten zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht und vor allem zu ihrer Umsetzung und den damit verbundenen Unklarheiten:

Die Gesundheitsämter fühlen sich mit dieser neuen Aufgabe angesichts der bereits bestehenden überfordert und haben bereits den Finger gehoben, dass sie das zeitnah nicht bewältigen können. Zudem ist nachvollziehbar, dass sie sich auch fachlich gar nicht in der Lage fühlen zu beurteilen, welche beschäftigte Person „im Einzelfall“ trotz fehlendem Nachweis in der Einrichtung unverzichtbar ist, also dort weiterarbeiten sollte.

Die Arbeitgeber argumentieren: Wir sollen prüfen, ob Nachweise möglicherweise gefälscht sind? Das können wir nicht beurteilen – und das ist auch gar nicht unsere Aufgabe. Viel wichtiger ist ihnen jedoch, dass sie im Prinzip auf keinen bzw. keine der Beschäftigen verzichten können. Schon gar nicht in der Pflege!
In der Folge wäre also jeder Fall ohne Nachweis als „Einzelfall“ ein Ausnahmefall, der zum Regelfall führt: Alle arbeiten wie gewohnt weiter.

Die Beschäftigten im Gesundheitswesen sind sowieso über die einrichtungsbezogene Impfpflicht empört. Diese solle besonders vulnerable Gruppen schützen – aber die Verantwortung dafür werde einseitig auf die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen abgewälzt. Weiter heißt es, dass aber beispielsweise ungeimpfte Besucher*innen weiterhin ungehindert die Einrichtungen betreten dürften. Und ungeimpfte Nutzer*innen (Patient*innen) auch weiterhin ungeimpft blieben. Nein, sagen viele Beschäftigte im Gesundheitswesen: Entweder eine Impfpflicht für alle oder für niemanden. Aber bitte nicht eine Berufsgruppe herauspicken.

Plan B?
So schwapp Unmut und Unsicherheit durch alle Beteiligtengruppen. Hier lohnt nochmal der Blick aufs Portal businessinsider.de. Das will nämlich auch Kenntnis von einem Plan B haben, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf der Konferenz der Gesundheitsminister von Bund und Ländern am 31.01.2022 vorgeschlagen haben soll: ein „möglichst flächendeckendes Impfquoten-Monitoring in den genannten Einrichtungen“, das die Länder jeweils zur Monatsmitte durchführen. (Das liefe dann für den Gesundheitsbereich schlussendlich auf eine bundeseinheitliche digitale Meldeplattform hinaus.) In einem zweiten Schritt soll dann ungeimpften Beschäftigten, die skeptisch gegenüber bisher verimpften Vaccinen sind, in den Einrichtungen der Totimpfstoff Novavax angeboten werden. Impfwillige sollen für die Zweitimpfung (etwa drei Wochen nach Erstimpfung) dann zeitlich „ausreichend Gelegenheit erhalten“.


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