Allgemeine Impfpflicht: Orientierungsdebatte im Bundestag


27.01.2022 - Der Bundestag hat sich am 26. Januar 2022 in einer knapp vierstündigen "Orientierungsdebatte" mit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht auseinandergesetzt. Dabei standen mehrere Umsetzungsvarianten zur Diskussion – darunter auch die gänzliche Ablehnung einer Pflicht.

Die neue Bundesregierung hatte sich aus unterschiedlichen Gründen dafür entschieden, selbst keinen Vorschlag zu einem Gesetz zur allgemeinen Impfpflicht zu machen. Entsprechende Anträge sollten vielmehr parteiübergreifend aus der Mitte des Parlamentes kommen.

Einige Anträge sind bereits bekannt:

Antrag auf allgemeine Impfpflicht für alle Volljährigen
Er stammt aus der Feder einer fraktionsübergreifenden Gruppe von sieben Abgeordneten und enthält folgende Kernpunkte: Impfpflicht für alle über 18 Jahre, basierend auf drei Impfungen, begrenzt auf ein bis zwei Jahre, kein Impfregister, Bußgelder bei Verstößen.

Antrag auf Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren
Auch diesen Antrag auf eine altersbezogene Impfpflicht für ältere Menschen hat eine fraktionsübergreifende Gruppe formuliert. Der Kernpunkt: Der altersbezogenen Impfpflicht soll eine allgemeine Pflicht für alle Volljährigen zur Beratung bzw. Aufklärung vorgeschaltet sein. Dieser Termin muss wahrgenommen werden. Führt dieser Weg nicht zur erforderlichen Impfquote, soll dann die Impfpflicht für die Ü50-Jährigen eintreten.

Anträge: Keine Impfpflicht
Eine heftig diskutierter Vorschlag stammt von einer Gruppe um den FDP-Mann und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki. Kernaussage: keine allgemeine Impfpflicht, sondern weiterhin Freiwilligkeit und Aufklärung.

Auch die AfD spricht sich übrigens in einem Antragsentwurf gegen eine gesetzliche Impfpflicht aus. Zudem fordert sie die Bundesregierung auf, "die ab dem 15. März 2022 geltende Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal" aufzuheben.

Was zeigt die Debatte?
▶︎ Dass Impfungen helfen, die Impflücke zu schließen und im Herbst die Wucht einer möglichen fünften Welle abzuwenden, scheint allgemeiner Konsens im Parlament zu sein.

▶︎ Die Meinungen gehen allerdings fraktionsübergreifend auseinander, ob eine Impfpflicht – in welcher Form auch immer – Deutschland dem Ziel näher bringt. Und wenn ja: Wie?

▶︎ Heiß umstritten ist auch eine mögliche Umsetzung: Bußgelder – in welcher Höhe? Impfregister – geht's überhaupt ohne? Freiheit – Beschränkung angemessen oder unangemessen? Wirksamkeit – auch gegen mögliche weitere Virusvarianten? Fragen über Fragen.

▶︎ Deutlich wurden auch Befürchtungen, ob eine Impfpflicht den Widerstand nicht noch anheizt bzw. die Gesellschaft noch weiter spaltet.

▶︎ Dass die Bundesregierung keinen eigenen Antrag einbringen will, wird von vielen als "Weggucken" und "Kneifen" interpretiert und u.a. einer Uneinigkeit der Positionen innerhalb der Koalition zugeschrieben. Eine Kanzlermehrheit scheint zu fehlen. Das gewählte Verfahren, sich stattdessen mit "fraktionsübergreifende Gruppenanträge aus der Mitte des Parlaments" zu befassen und die Entscheidungen ohne Fraktionszwang dem Gewissen der Abgeordneten zu überlassen, mag diesen Gründen geschuldet sein. Die Debatte zeigte aber, wie nötig und schwierig sie ist, egal auf welcher Grundlage.

▶︎ Lauterbach, Scholz und viele andere bedeutsame Funktionsträger*innen sprechen sich für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren aus. Der DVLAB ist übrigens auch dafür. Der Bundesgesundheitsminister appellierte gestern im Bundestag: Die dreifache Impfung sei der sichere Weg, die Freiheit zurückgewinnen. "Wir müssen jetzt handeln", damit man für den Herbst gerüstet sei. Befürchtungen hatte er schon an anderer Stelle geäußert, etwa dass eine neue Virusvariante mit dem Ansteckungspotenzial von Omikron und der Gefährlichkeit von Delta nicht ausgeschlossen sei.

Der weitere Fahrplan
Möglich, dass es Mitte März im Bundestag zu einer Entscheidung kommt. Eine erste Lesung der Gruppenanträge ist wohl im Februar vorgesehen. Nach Meinung vieler gestriger Beobachter*innen habe die Orientierungsdebatte eine Tendenz zu einer gesetzlich verordneten Impfpflicht offenbart.

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