Pflegereform: Auf Wiedervorlage nach der Bundestagswahl


10.05.2021 - Seit Mitte März ist bekannt, wie sich das Bundesgesundheitsministerium eine Pflegereform vorstellt. Jetzt sollen einzelne Punkte noch in dieser Legislaturperiode über das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (GVWG) verabschiedet werden. Insbesondere bei der Deckelung der Eigenanteile hat der Bundesgesundheitsminister sein Eckpunktepapier aus dem November 2020 „nachverschlechtert“. Bleibt zu hoffen, dass seine diesbezüglichen Pläne keine Mehrheit finden.

Was ist der Kern dieser sogenannten „Pflegereform“, die diesen Namen nicht verdient und somit nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 von der neuen Bundesregierung neu angegangen werden muss?

▶︎ KÜNFTIG PERSONALMIX IN DER STATIONÄREN PFLEGE
Das neue Personalbemessungsverfahren soll den §113c SGB XI reformieren. Grundlage dafür ist ein Gutachten des Pflegewissenschaftlers Heinz Rothgang, das für die neuen Personalschlüssel einen belegungsabhängigen fachlichen Mix aus Hilfskräften ohne Ausbildung, Hilfskräften mit einjähriger Ausbildung und Fachkräften mit dreijähriger Ausbildung vorsieht. Dabei wird die Gesamtpersonalmenge einer Einrichtung über die jeweiligen Pflegegrade ihrer Bewohner*innen gesteuert. Da es aber weiterhin den einzelnen Bundesländern obliegt, dies in jeweilige Rahmenverträge zu kleiden, wird es keinen bundeseinheitlichen Personalschlüssel geben. Gesprochen wird vielmehr von Personalanhaltswerten.

Einrichtungen können zu ihrer ermittelten Gesamtpersonalmenge lediglich ihre zusätzlichen Betreuungskräfte (nach § 43b) hinzuzählen – nicht mehr jedoch ihre zusätzlichen Fachkräfte oder zusätzlichen Hilfskräfte. Diese sind in der Gesamtpersonalmenge bereits enthalten. Trotzdem beschäftigtes zusätzliches PpSG- oder GPVG-Personal wird durch den Wegfall der Zuschüsse daher voraussichtlich den Eigenanteil der Pflegebedürftigen erhöhen.

▶︎ BEZAHLUNG NUR NOCH NACH TARIF
Einrichtungen der Altenpflege müssen ihre Beschäftigten in den Bereichen Pflege und Betreuung künftig nach tarifvertraglichen Regelungen bezahlen, sonst können sie mit den Pflegekassen keinen Versorgungsvertrag mehr abschließen. Dabei denkt der Gesetzgeber jedoch nicht an einen bestimmten Tarifvertrag – sondern lediglich an tarifliche oder zumindest tariflich orientierte Löhne – und im Zweifelsfall auch an „ortsübliche“ Bezahlung. Zur Kontrolle der Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen sollen bis Herbst 2021 Verfahrens- und Prüfgrundsätze entwickelt werden.

▶︎ DECKELUNG DER EIGENANTEILE
Der DVLAB kämpft seit langem zusammen mit der Initiative ProPflegereform für einen Sockel-Spitze-Tausch in der Pflegeversicherung. Daher hatte er die vom Bundesgesundheitsminister ursprünglich geplante Begrenzung des pflegebedingten Eigenanteils auf 700 Euro für längstens 36 Monate auch einen „Schritt in die richtige Richtung“ genannt. Dieser Schritt ist aber nun leider Schnee von gestern. Die jetzt vorgesehene „Deckelung“ der Eigenanteile wird dagegen keine Entlastung bringen, weil sie wie folgt aussehen soll: Im ersten Jahr ihres Heimaufenthaltes zahlen die Bewohner*innen den gesamten Eigenanteil aus eigener Tasche. Im zweiten Jahr sollen die Pflegekassen 25 Prozent davon übernehmen, im dritten Jahr 50 Prozent und ab dem vierten Jahr 75 Prozent. Bewohner*innen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes schon über ein Jahr in der Einrichtung wohnen, sollen je nach ihrer Aufenthaltsdauer allerdings sofort von der jeweiligen Reduktion ihrer Eigenanteile profitieren.

▶︎ „GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN“ ALS NEUE LEISTUNGSART
Was sich genau hinter „Gemeinschaftliches Wohnen“ verbirgt, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Möglich, dass auch anbieterverantwortete Wohn- und Hausgemeinschaften darunter fallen, sicher ist das (noch) nicht. Die im Arbeitsentwurf bisher genannte erste Sammlung an Kriterien und Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Wohnform deutet darauf jedoch hin.

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