Tarifvertrag Altenpflege: Reaktionen auf das Nein der Caritas


28.02.2021 - ver.di und der Bundesverband Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) hatten beantragt, dass sich der "Tarifvertrag Altenpflege" nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz zum 1. August 2021 auf die gesamte Branche erstrecken sollte. Dass die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas das abgelehnt hat, schlägt hohe Wellen.

► Die Würfel waren gefallen. Einen Tag nach der Caritas-Entscheidung verzichtete die Arbeitsrechtliche Kommission der DIAKONIE DEUTSCHLAND auf einen Beschluss. Denn es sei bereits klar gewesen, "dass der Tarifvertrag von BVAP und Verdi nicht auf die gesamte Pflegebranche ausgeweitet wird“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Für die Beschäftigten der Diakonie ändere sich ohnehin nichts. Für sie gelte weiter das kirchliche Tarifwerk. Das sehe „in aller Regel deutlich höhere Entgelte vor“ als die Vereinbarungen von BVAP und Verdi, betonte Lilie.

► SYLVIA BÜHLER vom Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kommentierte die Caritas-Entscheidung so: „Die Caritas handelt mit dieser Entscheidung in krassem Widerspruch zu ihren eigenen sonstigen Aussagen und Werten, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bedeutung sozialer Dienste geht.“ Das sei mehr als scheinheilig. Die Arbeitgeberseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission komme ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, für bundesweit bessere Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu sorgen, nicht nach. „Das ist ein schlimmes Signal für die Beschäftigten in der Altenpflege“, so Bühler. Die rund 1,2 Millionen Beschäftigten der Branche seien die Verlierer*innen dieser Entscheidung. "Ideologie schlägt Humanität.“

► Caritas-Präsident DR. PETER NEHER wehrte sich auf der Website der Caritas gegen diesen Vorwurf:
"Die Kritik, das Schicksal der Pflegekräfte wäre uns egal, lasse ich nicht gelten. (...) Die Caritas hat einen eigenen Tarif, und zwar für alle 700.000 Mitarbeitenden. (...) Die allermeisten Pflegekräfte verdienen bei der Caritas um einiges mehr, als der Tarifvertrag festgelegt hätte. Unsere Einrichtungen und Träger befürchten, dass die Kostenträger sich künftig am Tarifvertrag Altenpflege als Norm orientieren und die Mehrkosten der Einrichtungen nicht mehr refinanzieren, die höhere Entgelte zahlen. Wir wollen aber weiterhin gute Löhne zahlen. (...) Wir sind der festen Überzeugung, dass Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Pflegekräfte nur im Rahmen einer umfassenden Reform des Systems verbessert werden können. Diese muss auch die Finanzierung der Pflegeversicherung in den Blick nehmen..."

► THOMAS KNIELING, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB), äußerte sich laut zeit.de so: "Die Absage der Caritas an einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflege war richtig.Die weit überwiegende Mehrheit der Branche und vor allem die private professionelle Pflege hätte genauso entschieden, wenn sie gefragt worden wäre."

► Auch RAINER BRÜDERLE, Präsident des bpa-Arbeitgeberverbandes, bekundete "vor der Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas großen Respekt. Sie drückt trotz hohen politischen Drucks ein klares Bekenntnis zur grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie sowie zur Arbeit der Pflegekommission aus."

► Bundesarbeitsminister HUBERTS HEIL dagegen zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung der Caritas. Er witterte: „Heute erleidet der Kampf für bessere Löhne & Arbeitsbedingungen in der #Pflege einen bitteren Rückschlag. Doch er ist nicht zu Ende, wir kämpfen weiter.” Heil kündigte an, er wolle "alle Wege" für höhere Pflegelöhne nutzen. So möchte er z.B. die Pflege-Mindestlohn-Kommission neu einberufen, die mittelfristig höhere Löhne vereinbaren soll. Außerdem wünscht er von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Gesetzesvorlage für eine Pflegereform. Eckpunkte dazu hatte Spahn bereits im Herbst 2020 vorgelegt.

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