Pflegekammer: Massiver Widerstand in Niedersachsen


07.01.2019 - Niedersachsens Pflegekräfte gehen auf die Barrikaden gegen „ihre“ kürzlich errichtete Pflegekammer. Das belegt eine offene online-Petition. Darin werden vom niedersächsischen Sozialministerium die Auflösung der Kammer sowie das Ende der "Zwangsmitgliedschaft" gefordert. Die Petition war am 23.12.2018 vom Krankenpfleger Stefan Cornelius aus Berge bei Osnabrück gestartet worden. Innerhalb von nur zwei Wochen hatten bereits knapp 40.000 Unterstützende die Petition unterzeichnet. Sie läuft noch bis 22. März 2019 und steht unter dem Motto "Pflege bewegt auch ohne Pflegekammer".

Hintergrund: Kurz vor Weihnachten 2018 waren den rund 80.000 Mitgliedern der Pflegekammer Niedersachsen zum ersten Mal die Beitragsbescheide in Haus geflattert. Sie sollten alle den Höchstbetrag von 140 Euro pro Halbjahr zahlen. Das entspricht einem Brutto-Jahresgehalt von 70.000 Euro. Kaum eine Pflegekraft verdient jedoch so viel. Für eine geringere Gebühr musste dem Bescheid nun unter Nachweis des niedrigeren Einkommens widersprochen werden.

Peter Dürrmann, Bundesvorsitzender des DVLAB, hatte bereits am 13.12.2018 in einer Mitgliederinfo auf dieses unsägliche Vorgehen der Kammer, das das niedersächsische Sozialministerium später „unsensibel“ nannte, aufmerksam gemacht. Dabei forderte Dürrmann auch alle Leitungskräfte auf, ihre Pflegekräfte auf die Bedeutung des Widerspruches gegen den Beitragsbescheid hinzuweisen.

Am 27.12.2018 entschuldigte sich dann die Präsidentin der Pflegekammer, Sandra Mehmecke, auf der Internetseite der Kammer für den Zeitpunkt der Zustellung der Beitragsbescheide. Außerdem versicherte sie: „Die Art der zukünftigen Beitragserhebung wird durch die Kammerversammlung kritisch überprüft.“

Am 4.1.2019 forderte der CDU-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag, Dirk Toepffer, die Kammer auf, sich der Kritik der Mitglieder zu stellen. Eine Kammer sei kein Selbstzweck, stellte er fest, es sei offensichtlich, dass ihr in Niedersachsen der Rückhalt der eigenen Pflegekräfte fehle. Die CDU-Landtagsfraktion hatte sich bis zuletzt gegen die Einrichtung der Pflegekammer ausgesprochen und ihre Evaluation bis Juni 2020 im Koalitionsvertrag festschreiben lassen.

Am 5.1.2019 meldete sich auch Andreas Westerfellhaus gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) zu Wort. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung kritisierte die Unterstützenden der online-Petition. „Unterschriften gegen etwas zu sammeln ist das eine, aber sicher keine Form einer konstruktiven Organisation, die Verantwortung für den Berufstand und für die Weiterentwicklung der Pflege übernimmt." Weiter warnte er vor den grundsätzlichen Vorbehalten gegen die Pflegekammer von „bestimmten Lobbygruppen“ in Niedersachsen, die Angst hätten, dass die Pflege zum ersten Mal eine starke Stimme erhalte. „Die Pflegefachkräfte in Niedersachsen sollten sich gut überlegen, ob sie sich vor diesen Karren spannen lassen wollen", so Westerfellhausen zur NOZ.

Der DVLAB hatte Pflegekammern von Anfang an ablehnend gegenüber gestanden und berechtigterweise damit argumentiert, dass sie kein einziges Problem in der Pflege lösen werden. Nun zeigt die Petition in Niedersachsen, dass die Pflegekräfte das genau so einschätzen. "Zwangsmitgliedschaften und Zwangsbeiträge sind im Jahre 2018 kein adäquates Mittel, um die Interessen einer Berufsgruppe zu vertreten", heißt es u.a. in der Begründung der Online-Petition. Dass Andreas Westerfellhaus in diesem Zusammenhang die KritikerInnen der Kammer herabsetzt, hält DVLAB-Chef Dürrmann für unangemessen. „Es lohnt sich aber tatsächlich, mal genauer hinzusehen, wer hier wen auf welche Weise eigentlich vor seinen Karren spannt“, sagte er mit Blick auf den Bevollmächtigten der Bundesregierung, der vormals schon als Präsident des Deutschen Pflegerates ein glühender Verfechter von Pflegekammern war. Und: "Pflegekräfte können selbst am besten beurteilen, was der Pflege wirklich hilft - und was nicht."

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